Legasthenie-Englisch: Die Ähnlichkeitshemmung als Schlüsselproblematik

In diesem Artikel beschreibe ich einen Aspekt, der sozusagen zum täglich Brot der Lerntherapeuten gehört und vor allem das praktische Training betrifft. Und er beantwortet vielleicht auch die Frage, warum es ein explizites Training der Lautverschriftungen nicht unbedingt braucht. Ein LRS-Schüler benötigt nach meiner Erfahrung vor allem einen sicheren Grundwortschatz, damit er eine Grundsicherheit spürt. Wer er über die Basics nicht mehr nachdenken muss, kann anderen Themen mehr Aufmerksamkeit geben und auch hier (also bei der Rechtschreibung) mehr Lernerfolge erleben.

Ich werde zuerst Beispiele aus dem Deutschen geben und erst am Schluss auf Probleme bei der Englischen Verschriftung eingehen.

Was ist die Ähnlichkeitshemmung?

Ranschburg-Phänomen

Wiki: Das Ranschburg-Phänomen ist eine Hemmung im Gedächtnis beim Abruf von Lernmaterial und wurde 1905 von dem ungarischen experimentellen Psychologen und Psychiater Pál Ranschburg nachgewiesen.

Sie ist auch unter dem Begriff Ähnlichkeitshemmung bekannt und beschreibt eine Gedächtnishemmung bei der Wiedergabe von ähnlichen Lerninhalten, die mit mangelhafter Differenzierung (gleichzeitig oder zeitnah) dargestellt wurden.[1] Diese Gedächtnishemmung ist nicht auf einen Mangel an Intelligenz zurückzuführen. (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Ranschburg-Ph%C3%A4nomen)

Ein Beispiel zum Unterscheiden von Rechts und Links. Es gibt Menschen, die tun sich leichter oder schwerer Rechts und Links spontan richtig zu benennen. Aber es werden eben durcaus schon die Weichen dafür in der Kindheit gestellt. Ich kenne eine Lerntherapeutin, die man mit dem Gesellschaftsspiel “Lechts-Rinks” (man ahnt worum es geht) in den Wahnsinn treiben kann. Ich selber bekomme je nach Tagesstimmung rechts und links durch einander. Es wird empfohlen erstmal nur die eine Seite zu üben. Deshalb, beim Lernen von Rechts und Links, eines von beiden aussuchen und nur diese Seite mit dem Kind üben. Zum Beispiel die Schreibhand, die andere Seite ergibt sich später von selber.

Warum kann sich die Ähnlichkeitshemmung so massiv auf das Erlernen der Rechtschreibung auswirken?

Ein Beispiel:

Julius kommt gemeinsam mit seinen Eltern zu einem Beratungsgespräch. Seine zunehmenden Schwierigkeiten in der Rechtschreibung bereiten ihnen Sorgen. Der Vater berichtet, wie sie beim Üben der Diktate und der dazugehörigen Lernwörter vorgehen. „Je mehr wir üben“, erklärte er, „desto mehr Fehler macht Julius.“ Er zieht einen Zettel aus der Tasche und sagt: „Wir üben nur die schweren Wörter. Zum Schluss waren es noch diese zehn Wörter (Er zeigte auf den Zettel.), aber gestern hat er nur noch eines richtig geschrieben.“ Dem Zettel ist Folgendes zu entnehmen:

Füller, Pflanze, fiel, fertig, versetzen, pflücken, Pfeffer, pfeifen, vorbei, Ferkel

Und so hat Julius die Wörter geschrieben:

Pfüller, Flanze, viel, vertig, fersetzen, flücken, Pfeffer, feifen, forbei, Pferkel

(Quelle https://projekt-lernen.info/aehnlichkeitshemmung-was-ist-das/)

Warum passiert so ein Durcheinander?

Mir ist da neulich ein leicht verständliches Bild eingefallen. Mit der Ähnlichkeitshemmung ist es wie mit einem Nadelöhr. In puncto Rechtschreibung ist dieses Nadelöhr bei LRSlern sehr eng, es passt leider immer nur ein kleines Thema durch undkann abgespeichert werden. In anderen Bereichen, Mathe oder Sachkunde, kann das Nadelöhr völlig vergleichbar mit anderen Schülern sein.

Was passiert, wenn sich vor dem engen Nadelöhr zu viele Rechtschreibthemen auf einmal oder zu schnell hintereinander drängeln? Es kommt es unweigerlich zum Stau vor dem Nadelöhr. Es verstopft und es geht nichts mehr durch. Superstau mit Totalblockade.

In der Realität sehen wir dann diese Verwechslungen wie bei Julius. Für Kinder wie ihn ist es wichtig Wörter mit f, pf, v, ver und vor thematisch abgegrenzt und mit zeitlichem Abstand zu üben.

Die Lösung: eins nach dem anderen

  • Ein Puzzlestück nach dem anderen durch das Nadelöhr bringen.
  • Im Tempo des Schülers.
  • Die Ähnlichkeitshemmung sagt mir genau, welche Übungen aufeinander folgen dürfen und welche nicht.

Das geht am Ende schneller als man denkt und der Schüler bleibt motiviert.

That’s all.

That’s all?

Nicht ganz. Die “staufreie” Reihenfolge der Themen erschließt sich nicht immer von selber. Im Deutschen gibt es inzwischen langjährige Erfahrungen, die funktionieren.

So sollte grundsätzlich die Regel vor der Ausnahme trainiert werden. Beispiel langes i vs. kurzes i.

  • erst das Regelwissen zum langen ie/ kurzem i: wie-se oder wis-sen
  • danach, wenn die Regel sicher ist, mit Ausnahmen wie Maschine anfangen. Sonst schreibt das Kind, man ahnt, Maschiene. Weil es ja die Regel mit dem langen i kennt, das im Deutschen als ie verschriftet wird :)

Aber: wer auschließlich die deutsche Regel zum ä wie in Kräne (weil’s vom Kran abgeleitet wird) übt und nicht gleichzeitig e wie echt, der erntet dann ächt, gälärnt, gämein usw. (Wirklich, alles schon vorgekommen!)

Ich habe diese Beispiele gewählt, um zu zeigen, das Üben nicht gleich Üben ist. Es gibt Übungen, die nichts bringen und sogar noch Fehler verschlimmern. Aber es gibt eben auch Übungen, die wirklich weiterhelfen.

Und wie geht das beim Englisch lernen?

Mal abgesehen davon, dass ein LRS-Schüler beim Start ins Englische ganz offensichtlich überfordert sein kann. Wie lerne ich Vokabeln, wie merke ich mir die Schreibung, wie lerne ich die Grammatik … .

Doch gibt es eine Lösung? Wie leite ich den Schüler durch diesen Dschungel? Was hilft, was hilft nicht?

Das Englische bietet eine Fülle von Verschriftungsmöglichkeiten, die bereits die Ähnlichkeitshemmung zum Kochen bringen. Wo fange ich an? Doch leider auch bei der Grammatik finden sich Gemeinheiten.

Die englische s-Endung ist höchst redundant

  • Das dritte Singular-s in he sings (er singt)
  • das Mehrzahl-s in books (Bücher)
  • ‘s-Genitive in Tom’s dog
  • ‘s-Kurzformen von is und has

Alles im ersten Halbjahr. Und nun?

Im Inhaltsverzeichnis vom ORÄNDSCH-Ordner findest du die Reihenfolge, die “staufrei” durch das Anfangsenglisch führt. Die Übungen konzentrieren sich auf einen Grundwortschatz, der sowohl die wichtigste Grammatik als auch die häufigsten Wörter abdeckt. Damit hat der Schüler in kurzer Zeit nachhaltiges Basis-Wissen, auf das alles weitere aufbauen kann. Gewusst wie, wird es um so vieles leichter.

Zum Blick ins Buch (plus Inhaltsverzeichnis)

Zum Artikel “Was ist ein Grundwortschatz”

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